Eine Übersetzung von Pete Wharmby’s Blog Post für nicht-autistische Menschen – Support Pete Wharmby
Stellt euch vor…
Nicht-autistische Menschen dieser Welt, könnt ihr euch bitte etwas vorstellen?
Stellt euch vor, dass ihr jedes Geräusch, das um euch herum gemacht wird, die ganze Zeit bemerkt, und dass dies noch schlimmer wird, wenn ihr gestresst seid.
Stellt euch vor, dass jede Farbe und jedes visuelle Detail irgendwie stärker und lauter ist, wie ein 4K-Fernseher mit aufgedrehtem Kontrast, und dass Dinge, die ihr bemerkt, euch ablenken.
Stellt euch vor, dass euer Gedankengang so fragil ist, dass alles – jede noch so kleine Sache – ihn unterbrechen kann und ihr nicht mehr wisst, worüber ihr ursprünglich nachgedacht habt.
Stellt euch vor, ein Geruch trifft euch manchmal so hart, dass ihr euch übergeben möchtet oder er bereitet euch Kopfschmerzen oder er regt euch so sehr auf, dass ihr den Tränen nahe seid, aber alle anderen kommen damit klar.
Stellt euch vor, dass ihr euch so unglücklich und angewidert fühlt, wenn ihr seht, wie sich verschiedene Elemente eures Essens auf einem Teller berühren, dass ihr einfach nicht in seine Nähe kommen könnt, aber niemand versteht es.
Stellt euch vor, dass ihr eure Kleidung jederzeit fühlen könnt, dass ihr deren Beschaffenheit, Gewicht, Rauheit nicht ausblenden könnt. Aber ihr werdet dafür verspottet, jeden Tag die gleichen bequemen Sachen zu tragen.
Stellt euch vor, dass ihr nicht sprechen könnt. Ihr könnt denken, ihr habt Ideen, ihr seid euch aller Dinge voll bewusst, aber die Worte wollen nicht kommen, sie kommen nicht, und die Leute sind deswegen oft genervt.
Stellt euch vor, dass ihr unwillkürliche Bewegungen macht, dass ihr euch nicht darauf verlassen könnt, dass eure Arme und Beine tun, was ihr ihnen aufgetragen habt, und dass die Leute euch deswegen für „lustig“ halten.
Stellt euch vor, dass ihr eure Emotionen einfach nicht zeigen könnt – euer Gesichtsausdruck ist oft ziemlich ähnlich, und die Leute sagen euch immer, ihr sollt euch doch einfach etwas mehr freuen.
Stellt euch vor, dass ihr die Absichten der Menschen oft missversteht und regelmässig traumatisiert seid, wenn ihr entdeckt, was sie sind: Dies ist selten eine angenehme Überraschung.
Stellt euch vor, dass ihr Schwierigkeiten habt, zu wissen, wann ihr an Gesprächen teilnehmen sollt, und dass ihr ständig ins Stocken gerät, am Rande einer Gesellschaft steht oder versehentlich alle unterbrecht und nervt.
Stellt euch vor, ihr könnt euch nicht darauf verlassen, dass ihr wisst, wann jemand scherzt. Niemals.
Stellt euch vor, ihr habt eine lange, lange Geschichte von misslungenen Kommunikationen, die euch traumatisiert und in ständiger Angst vor weiterem Ärger zurückgelassen hat.
Stellt euch vor, dass ihr durch all dies ständig so gestresst seid, dass ihr euch an eine feste Routine halten müsst, keine Alarm Situationen, keine Überraschungen.
Stellt euch vor, dass ihr zusammenbricht, wenn euer Stresspegel zu hoch wird (höher als es sich die meisten neurotypischen Menschen überhaupt vorstellen können), und jeder wird euch vorwerfen, dass ihr einen Wutanfall habt.
Stellt euch vor, dass ihr lernt, so zu tun, als wärt ihr wie alle anderen, bis zu dem Punkt, an dem ihr das Verhalten von Fernseh Charakteren kopiert. Ihr wisst nicht einmal mehr wirklich, wer ihr seid.
Stellt euch vor, all dieses Kopieren, Trauma, Versagen, führen zu einem schrecklichen endgültigen Versagen eurer Fähigkeiten – Burnout. Stellt euch vor, es geht nie wieder weg.
Stellt euch vor, niemand glaubt, dass ihr möglicherweise mit all dem zu tun habt, weil ihr eine Frau seid oder eine andere Hautfarbe habt.
Stellt euch vor, dass ihr euch mit all dem befassen müsst und dass ihr zudem versucht, den Menschen euer Geschlecht und eure Sexualität verständlich zu machen.
Stellt euch vor, ihr findet in einigen Aktivitäten einen solchen Trost, dass die Leute sagen, ihr seid besessen und versuchen, euch davon abzuhalten.
Stellt euch vor, ihr wollt der Welt von euren Lieblingsdingen erzählen, aber niemand ist daran interessiert.
Stellt euch vor, ihr wisst, dass etwas an euch anders ist, aber niemand ist bereit, euch dabei zu helfen, es herauszufinden.
Stellt euch vor, selbst wenn ihr Hilfe bekommt, hört diese Hilfe mit 18 auf.
Stellt euch vor, dass die einzigen Darstellungen eures Neurotyps, die ihr in den Medien seht, entweder kalte, emotionslose Idioten oder Komiker sind.
Stellt euch vor, eines der besten Dinge, die ihr tun könnt, um mit eurem Stress fertig zu werden, sind sich wiederholende kleine Bewegungen (Stimming), aber die Leute weisen euch deswegen zurecht.
Stellt euch vor, ihr habt Schlafprobleme, aber niemand versteht wirklich, warum das so ist.
Stellt euch vor, dass ihr euch Gesichter überhaupt nicht merken können, egal wie sehr ihr euch bemüht.
Stellt euch vor, die Wahrscheinlichkeit, dass ihr unter Angstzuständen, Depressionen leidet oder Selbstmord begeht, ist viel höher als bei der allgemeinen Bevölkerung.
…
Ihr habt euch nur einen Teil dessen vorgestellt, was viele, viele autistische Menschen jeden Tag erleben. Das sind die Dinge, die wir fühlen, die Dinge, die wir tun. Und ich habe nur an der Oberfläche gekratzt.
Jetzt sagt man, wir Autisten seien diejenigen, denen es an Empathie mangelt.
Aber ihr habt euch unsere Wahrnehmung gerade vorzustellen versucht. Ich bin sicher, ihr versteht jetzt, warum wir euer Verständnis brauchen.
Bitte beachtet – nicht alle Autisten sind gleich – das sind nur etwa 20 ziemlich häufig auftretende Merkmale.
Erinnert euch auch *daran*:
Trotz alledem, trotz aller Schwierigkeiten, machen wir #Autisten weiter und wir überleben und wir versuchen uns anzupassen und wir verändern die Welt. Ich danke euch.
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Thank You Pete Wharmby!
Ich bin tief beeindruckt über diese berührende Innenansicht. Einmal mehr wird mir bewusst, wie herausfordernd ein Leben als Autist*in doch ist. Ich will, dass meine autistischen Kinder verstanden werden und ein Entgegenkommen zustande kommt. Alle sollen dies lesen. Nicht zuletzt auch darum, weil nicht-autistische Menschen eine Verantwortung haben.
Peter Wharmby schreibt: „Feel free to share.“ Dieses Angebot nehme ich dankend an. Es geht ihm in erster Linie um die Sache, dass nicht-autistische Menschen verstehen, was es bedeutet, wenn man Autist*in ist.
https://www.buymeacoffee.com/UfTVnRY?s=09
Und „a coffee for Pete“ – wohl verdient!
Vielen Dank – Pete Wharmby. Sie leisten grossartige Arbeit. Für meine Kinder – aber auch für uns als nicht-autistische Eltern autistischer Kinder, die sich nichts sehnlicher wünschen als glückliche Kinder und wachsam sein müssen mit unserer permanenten Forderung nach Antidiskriminierung.
Links
Pete Wharmby’s Autism and Teaching Blog
http://petewharmby.blogspot.com/?m=1
Pete Wharmby (@commaficionado) twitterte um 0:37 PM on Fr., Juli 31, 2020:
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