Anmerkung: Wenn ich von „Mutter“ schreibe, kann das natürlich auch für Väter oder Eltern oder Tanten oder Onkel oder Grosseltern etc. allfällige Gültigkeit haben. Wer sich angesprochen fühlt, darf dies gerne anpassen. Ich schreibe von mir. Ich bin Mutter.
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Vanilleeis um 4 Uhr früh
Auch wenn ich nun über Elternsorgen schreiben, so will ich auf keinen Fall mich als bedauernswerte Mutter in Szene setzen. Ich weiss, wer die Herausforderung im Leben trägt: meine autistischen Kinder. Dennoch spüre ich tagtäglich, was mir abverlangt wird. Manchmal brauche ich Superkräfte. Es fängt schon um 6 Uhr an, wenn ich einen müden Teenager mit Asperger Syndrom wecken muss. Der Schulbus kennt kein Pardon und muss nach drei Minuten Wartezeit abfahren. Nicht wecken hingegen muss ich meinen jüngeren Sohn mit atypischem Autismus – noch im Kindergartenalter, der oft findet, dass sieben Stunden Schlaf auch reichen und um vier Uhr früh schon Vanilleeis selber herstellen möchte oder sich ein Spiegelei braten will…
Wer ist Schuld? Die Mutter…
Wir beklagen uns aktuell immer über “weisse alte Männer”. Aber eines habe ich schon in kurzer Zeit gelernt – den gibt es auch weiblich und jung. Damit denke ich nun an keine bestimmte Person. Ich will damit nur sagen, dass schier alle zu “alten weissen Männern” mutieren können, wenn man/frau mitbekommt, wie eine Mutter mit autistischen Kindern im Leben ausserhalb der Familie “einfach lebt”. Meltdowns, Stimming, (zu) ehrliche Bemerkungen … das können wir alles bestens. Irgendwie anders. Und anders irritiert ja bekanntlich. Stört das Kind also, so gilt der nächste nicht so freundliche Blick der Mutter.
Vorwürfe
Wenn ich aus den sozialen Medien so sammle, was der Mutter mit autistischen Kindern alles vorgeworfen wird, so komme ich zu einer stattlichen Liste. (Einer der Vorwürfe ging mal an mich.)
- “Ja klar ist dein Kind so schwierig, wenn du es in Watte packst. Trau ihm was zu!”
- “Er will wieder mal durchstieren, was er will.”
- “Dieses oppositionelle Verhalten zeigt klar, dass Sie als Mutter nie NEIN sagen. Er kennt das nicht anders.“
- “Siehst du nicht, wie dein Kind dich manipuliert!?”
- “Solche Kinder sind das Spiegelbild für eine inkonsequente Erziehung.”
- “Gerade du solltest doch wissen, dass man so ein Kind nicht in den Regelkindergarten schickt.”
- “Er ist so demotiviert. Da liegt das Problem. Ihr müsst an der Motivation arbeiten.”
- „Dein Kind will nur Aufmerksamkeit bekommen. Vielleicht kannst du ja auch mal etwas Quality-Time nur mit ihm verbringen!? Einfach so als Tipp.”
Es ist wirklich erstaunlich, wie rasch immer der Mutter die Schuld gegeben wird. Und auch ich habe doch Träume von einer perfekten Welt. Damit will ich nicht sagen, dass ich mir neurotypische Kinder wünsche. Nein! Meine Jungs sind perfekt. Nur bräuchte ich noch eine Gesellschaft, die uns wenigstens so leben lässt, wie wir sind oder bestenfalls mit uns zusammen lebt, egal wie wir sind. Viele denken zwar genau so, bestehen aber den Praxistest nicht.
“Meiner Erfahrung nach ernten die Eltern braver Kinder zu viele Lorbeeren für die Tatsache, dass ihre Kinder brav sind, und den Eltern verhaltensauffälliger Kinder wird viel zu sehr Schuld an der Tatsache gegeben, dass ihre Kinder nicht brav sind.” Ross W. Greene (s. 30.)
Der Mythos vom böswilligen Kind
Wenn man als Eltern ein Baby bekommt, dann fühlt man die Reinheit. Da ist ein kleines Bündel Mensch und einfach gut. Obschon das doch jede Mutter spüren muss, kommt mit steigenden Anforderungen durch die Entwicklung des Kindes manchmal wie eine Angst vor dem Kind und seiner Spontanität, der Gesellschaft mit ihren Normen, welche Druck suggeriert. Durch diese Unvereinbarkeit von glücklichem Kind und ‚glücklicher‘ Gesellschaft, entsteht schliesslich das Gefühl von Kontrollverlust. Ja, wie will man diese beiden Sachen bloss im Griff haben? Letzteres ist ein langwieriger Prozess. (Raul Krauthausen, Kirsten Ehrhardt und Kirsten Jakob sind beispielsweise unermüdlich daran, für eine inklusive Gesellschaft zu kämpfen.) Also beginnt man mit ersterem, da scheinbar einfacher. Es ist ja noch ein Kind. Und zu rasch wird ihm Böswilligkeit unterstellt. Und was ist das beste Mittel gegen das absichtliche Brechen von Regeln? Eine konsequente Erziehung: Wenn – dann…
“Wir leben in einer Kultur, in der viele Erwachsene in Bezug auf Kinder, die ihre Erwartungen nicht erfüllen, nur an ein Wort denken, an eine Massnahme: Konsequenz.” Ross W. Greene (s. 23.)
Diese Art zu denken ist fest in uns verankert, so dass mancher sein Urvertrauen verliert. Und mein Urvertrauen als Mutter in das Gute, sieht mehr die Fragen des Kindes an die Welt. Auch ich habe diese noch. Und diesbezüglich muss ich sehr wohl Verantwortung übernehmen. Ich überlasse mein Kind keinesfalls sich selber. Wir leben in einem Miteinander. Schliesslich bin auch ich froh, wenn die Kinder bei mir mal eine Auge zudrücken. Das brauche ich tatsächlich ab und zu. Ich versuche aber meistens mit einer Vorhersehbarkeit mich selber zu sein. Das gibt einerseits Sicherheit, andererseits eine Anleitung fürs Leben. Ich weigere mich aber das Kind als erziehungsbedürftig zu sehen – wohl aber als ‚beziehungsbedürftig‘. Ich gehe davon aus, dass es Kinder gut machen wollen. Jedenfalls sehe ich das Verhalten im Zusammenhang mit den Fertigkeiten. In ein 3-monatiges Kind interpretiert man hoffentlich nicht, dass es die Mutter bewusst manipulativ herausfordern will etc. Es ist noch viel zu jung dafür. Aber auch wenn gewisse Fertigkeiten erworben sein sollten, heisst das noch lange nicht, dass diese auch jedes Kind erworben hat. Bei Kindern mit besonderem Verhalten, wie etwa bei autistischen Kindern, ist es schon herausfordernder abzuschätzen, was erwartet werden darf. Autismus beinhaltet Extreme. Und darin liegt der Haken. Die Gesellschaft hat ein intuitives Gefühl für scheinbar berechtigte Erwartungen. Durch ihr theory of mind Problem im Umgang mit nicht neurotypischen Kindern, tritt hingegen Irritation auf. Schliesslich konnte ich ja eine stattliche Liste von falschen Erwartungen ans Kind (oder Vorwürfen an die Mutter) notieren. Unreflektiert schreit das scheinbar nach Konsequenz. So einfach ist es aber nicht.
Konsequenzen
Konsequenzen etwa können Belohnungen sein, wenn das Verhalten wie gewünscht ist. Zum Beispiel werden da Sterne gesammelt und bei einer gewissen Anzahl dürfen die dann in etwas Materielles eingetauscht werden. Die gegenteilige Konsequenz wäre in dem Fall Bestrafung. Damit wird unerwünschtes Verhalten unterbunden.
“Wenn sie funktionieren, sind Konsequenzen etwas Wunderbares. Weniger wunderbar sind sie, wenn sie nicht funktionieren. Und oft funktionieren sie bei den Kindern nicht, bei denen sie am häufigsten eingesetzt werden.” Ross W. Greene (s. 23-24.)
Laut Ross W. Greene ist das darum so, weil man mit Konsequenzen nur zwei Sachen erreicht. Einerseits lernen Kinder, was richtig und falsch ist, andererseits wird ein Anreiz geschaffen, sich richtig zu verhalten. Darin liegt auch der Grund, warum sie bei Kindern mit auffälligem Verhalten nichts bringen. Diese Kinder wissen nämlich schon, dass sie sich falsch verhalten, wollen das in der Regel aber nicht und haben keine Ahnung, wie sie es anstellen sollen, sich konform zu benehmen. Sie wollen sich also richtig verhalten, können das aber nicht.
Striche sammeln und Knöpfe abgeben – zwei Beispiele aus der Schule
Bevor ich über unsere Schulen zu schreiben beginne, muss ich erwähnen, dass wir für autistische Kinder traumhafte Haltungen/Einstellungen antreffen. Ich gestatte ihnen, wie auch mir, dass eine erste pädagogische Reaktion auch mal noch optimiert werden muss. Wir sind alles Menschen – keine Roboter.
Ich habe während der Schulzeit meines älteren Sohnes zwei Dramen betreffend solchen Konsequenzen erlebt. In der Handarbeit gab es in der Unterstufe für ‚in Ruhe arbeiten‘ einen Strich. Nach 10 Strichen durfte ein kleines Geschenk ausgesucht werden. Er gab sich immer extrem Mühe. Einmal war er jedoch krank. Er bekam dadurch keinen Strich und war fortan den anderen zurück. Und das, obschon er sich so Mühe gab und krank zu sein unmöglich ein Fehler sein kann. Ich weiss nicht, wieviele Stunden er geweint hat.
Umgekehrt musste er letzte Woche beim Arbeiten einen Knopf angeben, weil der Vikar nicht zufrieden war und er sehr unkonzentriert, mir seinen Haaren spielte und störte etc. Dasselbe wieder. Es flossen die Tränen, obschon der schulische Heilpädagoge ihn auch diesmal auffing und sicher mit den Lehrpersonen danach alles korrekt klärte und wieder Ordnung schuf.
Ich glaube, beide Beispiele zeigen schön, wie stark das Gerechtigkeitsgefühl unseres Sohnes ist, wie verkehrt ein Bonus System herauskommen kann und wie verzweifelt ein Kind doch sein kann, wenn es für etwas bestraft wird, das es nicht besser kann. Ich weiss, es ging nur um einen Knopf und alle Lehrpersonen sind sehr bemüht. Und manchmal geht der Schuss halt nach hinten los. Bei verhaltensauffälligen Kindern nützt diese Herangehensweise nichts. Es ist so, als würden physikalische Regeln ihre eigene Dynamik haben. Es braucht ein Änderung der Einstellung für diese Kinder, denn ihnen fehlen wichtige Kompetenzen
Das Mantra
Aber was klappt denn, wenn nicht Konsequenz? Es muss eine andere Herangehensweise sein, denn diese macht Kind, Mitschüler und Lehrperson unglücklich. Keine Nachhaltigkeit. Eltern spüren die Verzweiflung einer Schule, die noch von “das macht das Kind mit Absicht” ausgeht und nehmen subtil wahr, dass ihnen die Schuld gegeben wird. Vor langer Zeit ging es mir genauso. Es ist eine unglaubliche Ohnmacht und der Wunsch nach einer einsamen Insel. Man muss wissen, auch verhaltensauffällige Kinder sind das wichtigste im Leben ihrer Eltern, etwas, das beschützt werden will und muss – auch rechtlich gesehen. Vor zwei Monaten hörten mein Mann und ich aber genau das Gegenteil davon, dass wir die besten Eltern seien quasi. Aber das kann nur ein Team sagen, das eine andere Haltung gegenüber Kindern (und Eltern) hat. Eben, dass sie es gut machen wollen, aber nicht können. Darum hier auch das Mantra aller verzweifelten Mütter, denn sie sind in der Regel nicht Schuld.
„Auffälliges Verhalten tritt dann auf, wenn die an das Kind gestellten Anforderungen und Erwartungen seine Fertigkeiten übersteigern, adaptiv zu reagieren.“ Ross W. Greene
Laut unserer Schulpsychologin heisst „die Mutter ist Schuld“ eigentlich, dass die Schule gerade wahnsinnig überfordert ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Und warum klappt es in der Regel in der Schule meines älteren Sohnes?
Dass es im Schulhaus meines älteren Sohnes trotz grosser Herausforderungen so gut klappt, muss an ihrer Philosophie liegen, wie sie Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten sehen. Das Bewusstsein, dass diese Kinder nicht böswillig so sind, sondern ihnen wichtige Kompetenzen fehlen, formuliert auch gleich den Auftrag. Es muss herausgefunden werden, welche Fertigkeiten dem Kind fehlen.
“Manche Kinder verfügen über die Fertigkeiten, um sich zusammenzureissen, wenn sie an ihre Grenzen getrieben werden, und andere eben nicht.” Ross W. Greene (s. 29.)
Kinder, die sich also nicht zusammenreissen können, müssen nicht die Schule wechseln oder versetzt werden oder… Durch solche Massnahmen lässt man ein Thema ungelöst weiterziehen in der Hoffnung, jemand am neuen Ort verfügt über eine dem Kind dienliche Philosophie. Unser schulischer Heilpädagoge bezeichnet sich selber als Idealist. Ihr glaubt nicht, wie froh ich darüber bin. Ross W. Greene wäre es auch, formulierte er diese zwingende Kompetenz einer Person, die mit verhaltensauffälligen Kindern arbeitet, doch genau so:
“Bleiben Sie angesichts aller Widrigkeiten ruhig, optimistisch und kompromisslos hartnäckig.” Ross W. Greene (s. 340.)
Ist ein Kind im Autismus-Spektrum überfordert, verhält es sich auffällig. Auffälliges Verhalten zeigt sich sehr unterschiedlich: Rückzug, mit Tisch wackeln, verweigern, schreien, schlagen, weglaufen etc. Aber nur das Problemverhalten aufzuzählen, das hilft nicht. Möglicherweise ein erster Hilfeschrei der Lehrperson: „Ein 5-jähriges Kind nimmt nicht mehr alles in den Mund.“ Auch die Suche nach Schuldigen (Mutter) führt in die falsche Richtung. Ein auffälliges Verhalten gibt Auskunft, wann ein Kind ein Problem nicht bewältigen kann. Das ist darum so wichtig, weil es einem Hervorsehbarkeit schenkt und somit die Möglichkeit der Hilfe. Barry M. Prizant hat dies für mich auf den Punkt gebracht.
“Hilfreicher (als das Kind als Summe seiner Defizite zu bezeichnen) ist, tiefer zu graben: zu fragen, was diese Verhaltensweisen anregt, was diesen Mustern zugrunde liegt. Zweckmässiger und wirksamer ist es, nach dem Warum zu fragen: Warum? Warum schaukelt sie? Warum ordnet er seine Autos in einer Reihe an und warum tut er das nur, wenn er von der Schule nach Hause kommt? Warum starrt er seine Hände an, die vor seinen Augen flattern, und warum tut er es immer nur während der Englischstunde und in der Pause? Warum wiederholt sie bestimmte Wendungen, wenn sie aufgeregt ist?” Barry M. Prizant
Gewisse Kompetenzen werden durch die neurotypisch gestaltete Welt also nie da sein. Auch wir hätten in einer autistisch gestalteten Welt Kompetenzdefizite. Ich werde dennoch bei diesem negativ angehauchten Begriff bleiben. Wenn das Kompetenzdefizit nämlich herausgefunden worden ist, werden die Probleme hervorsehbar. Wir müssen nun wahnsinnig aufpassen, dass wir ein autistisches Kind nicht neurotypisch machen wollen und ihm nicht passende neurotypische Kompetenzen aufdrängen, die letztlich auch nur den Anschein „erworben“ machen und zu Kompensationsstress führen und somit ein Kind nur schwächen. Für autistische Kinder heisst das in der Regel, dass die Umwelt an ihre Art der Wahrnehmung und wie sie die Welt erleben, angepasst werden muss. Dafür ist die Vorhersehbarkeit eine ganz wichtige Erkenntnis – der Schlüssel zur Veränderung. Nun kann nämlich versuchen werden, den Stress des Kindes in solchen Situationen zu minimieren. Das ist gewiss mit Aufwand verbunden. Dieser Aufwand wird in den Schulen unserer Kinder aber nicht gescheut. Um wieder auf die Vorwürfe zurück zu kommen – Umwelt anpassen bedeutet keinesfalls, dass man das Kind in Watte packt oder mangelnde erzieherische Konsequenz. Ich finde Strategien, die das Leben erleichtern, sehr wertvoll. Ein autistisches Kind kann lernen, wie es den totalen Stress vermindern kann. Kopfhörer gegen zu viele akustische Reize, den Einkauf vielleicht zu Randzeiten etc. Ich behaupte aber, dass das keinen Einfluss auf die Stressresistenz hat. Die zu erwerbende Kompetenz basiert in der Hinsicht eher darin, sich eine autismusfreundliche Umgebung zu schaffen. Das ist letztlich DIE Kompetenz. Und diese muss bei Kindern noch mehrheitlich von den erwachsenen Personen dementsprechend gestaltet werden.
Wie geht das? Ein Beispiel
Wann:
Mehrseitige Texte lesen.
Was:
Kind starrt nur aufs Blatt. Verweigert. Beginnt mit den Beinen zu wippen. Spielt mit den Haaren.
Warum?
Kann nicht starten. Die Menge schreckt ab.
Vorhersehbarkeit – also Herausfordernd anpassen:
Für die Prüfung in Mensch und Umwelt hätten etliche Seiten gelernt werden müssen. Unser Sohn, aber auch weitere Kinder ohne Autismus, hätten so keine Chancen gehabt. Das braucht einige Kompetenzen – wie auch der Blick fürs Wesentliche in einem Meer aus Buchstaben. So setzte sich der schulische Heilpädagoge hin und schrieb eine Zusammenfassung. Wir zeichneten diese zu Hause noch auf als Mind Map. Und ich vermute, es wird so eine sicher genügende bis gute Note geben. Diese Übersetzungsarbeit von neurotypisch auf autistisch, ist oftmals ein Muss.
Ein Mantra für Mütter autistischer Kinder?
Wo Selbstbewusstsein vorhanden ist, braucht es dieses Mantra nicht. Selbstbewusstsein bedeutet aber auch, dass man die Umgebung für das eigene Kind aktiv mitgestaltet. Auffälliges Verhalten ist schliesslich ein Ausdruck dafür, dass die Anforderungen und Erwartungen ans Kind zu hoch gegriffen sind und Stress auslösen. Ich glaube, man kommt als Eltern autistischer Kinder nicht drumherum, sich mit dem Thema Autismus auseinanderzusetzen und selber Expertise zu erlangen. Vertrauen ist gut – aber manchmal reicht das nicht. Will man bequeme Lösungen, die der Gesellschaft angenehm sind, dann wird separiert.
Fordert man hingegen Inklusion, kann das auf viel Widerstand stossen. Mythen wie beispielsweise, dass „solche Kinder“ lieber unter sich sind, bedeuten vielleicht mehr, dass der Aufwand gescheut wird, mit dem nun endlich die Menschenrechte angegangen werden sollen, was Kreativität und Flexibilität fordert. Kreativität und Flexibilität helfen, die Bedürfnisse des Kindes – unterdessen vielleicht ja mit Expertise bereits – zu vertreten.
Inklusion ist aber auch kein soziales Projekt, für das Eltern dankbar sein müssen. Und diese Selbstverständlichkeit zu fordern, braucht ein starkes Rückgrat. Und dies beginnt vielleicht mit diesem Mantra für Mütter autistischer Kinder.
„Auffälliges Verhalten tritt dann auf, wenn die an das Kind gestellten Anforderungen und Erwartungen seine Fertigkeiten übersteigern, adaptiv zu reagieren.“ Ross W. Greene
- Ich entschuldige mich als Mutter nicht für das Verhalten meiner „auffälligen“ Kinder.
- Ich erkläre, was Autismus ist und fordere von Nachbarn, Schule, Politiker … „etwas“. (Anpassung oder Verständnis oder beides – denn wir gehören gleichermassen dazu.)
- Fürs Kind kämpfende Mütter dürfen auch mal Emotionen zeigen. Schliesslich ist dies ziemlich aufwühlend… (Auch hier: keine Schuldgefühle.)
- Vergesse ich das Mantra, lese ich wieder einmal in den Büchern von Ross W. Greene „Verloren in der Schule“ oder in Barry M. Prizants Buch „Einzigartig anders – und ganz normal“.
Dieses Mantra und seine Schlussfolgerungen machen selbstbewusster und ermöglichen ein erstes Wehren gegenüber der Schuldzuweisung, dass es an elterlicher Konsequenz fehle. Und gleichzeitig ist es auch ein Fingerzeig an die Gesellschaft, die Anpassungen vornehmen MUSS. Schliesslich ist dies hier eine Welt für alle – nicht nur für einige.
https://www.humanrights.ch/de/internationale-menschenrechte/uno-abkommen/behinderte/
https://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-schweiz/uno/brk/
Literaturliste
Beide Bücher sind ein Muss für alle, die mit autistischen Kindern leben.
Prizant, B. M., Fields-Meyer, T. (2015). Einzigartig anders – und ganz normal. Freiburg: VAK Verlags GmbH.
Greene, R. W. (2019). Verloren in der Schule. Wie wir herausfordernden Kindern helfen können. 2., überarbeitete Auflage. Bern: Hogrefe.
Kirstenmalzwei (@KirstenKirsten) twitterte um 6:24 vorm. on Mi., Dez. 11, 2019:
24 #Inklusion s-Weisheiten
– der #Adventskalender von kirstenmalzwei.
Heute (11):
„Inklusion ist kein soziales Engagement.“ https://t.co/XupOKoJ7g0
(https://twitter.com/KirstenKirsten/status/1204632999666573313?s=03)
Raul Krauthausen (@raulde) twitterte um 11:25 vorm. on Fr., Dez. 13, 2019:
Übrigens: „#Inklusion ist keine #Charity“
Danke an Herrn Binder für die Einladung nach #Reutlingen! https://t.co/WYq5q2jlDn
(https://twitter.com/raulde/status/1205433439870173184?s=03)